Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass die Rekrutierung von Mitarbeitern allein und ausschließlich Aufgabe der Personalabteilung ist.
Das war vor 20 Jahren nicht ganz falsch, als Personalmangel nur sporadisch in einigen Berufsgruppen auftrat, aber heute ist diese Einstellung völlig falsch und schadet der Teamleistung und damit dem Unternehmenserfolg.
Die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, ist eine der wichtigsten Aufgaben jeder Führungskraft. In einer Zeit, in der der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte immer härter wird, ist es entscheidend, dass sich Führungskräfte aktiv und strategisch in den Rekrutierungsprozess einbringen.
In erfolgreichen Unternehmen arbeiten Personalmanager eng mit der Personalabteilung zusammen.
Das bedeutet natürlich nicht, dass der Fachbereich vorgeben soll, welches die besseren Recruiting-Kanäle des Unternehmens sind z.B. Social Media oder Suchmaschine oder die Formulierungen für die Stellenausschreibung vorschlägt - das sind klassische HR-Aufgaben. Der Fachbereich ist aktiver Kunde des Rekrutierungsprozesses und sollte seine Kompetenzen entsprechend einbringen.
Im Folgenden werden einige entscheidende Punkte beschrieben, die Führungskräfte beachten sollten, um die besten Kandidaten zu finden und Mitarbeiter erfolgreich zu rekrutieren.
5 Tipps für Hiring Manager um den besten neuen Mitarbeiter zu gewinnen
#1.: Anforderungen klar und aussagekräftig definieren
Der erste und vielleicht wichtigste Schritt im Rekrutierungsprozess ist die genaue Definition der Kompetenzen, die für die zu besetzende Stelle erforderlich sind. Niemand kennt das fachliche (und überfachliche) Umfeld der zu besetzenden Stelle besser als der Personalverantwortliche selbst.
In diesem Schritt gibt es zwei klassische Fehler, die der Hiring Manager auf jeden Fall vermeiden sollte:
- Kompetenzen mit Eigenschaften zu verwechseln: Jüngere Mitarbeiter sind oft körperlich fitter als ältere. Es ist aber fatal, z.B. bei einer Stelle, die körperliche Arbeit erfordert, alle Bewerber über 40 abzulehnen, denn es gibt viele 40-Jährige und 50-Jährige oder sogar 60-Jährige, die deutlich fitter sind als 20-Jährige. Hier ist die körperliche Fitness eine Kompetenz, während das Alter ... stärker ist. nur eine Zahl ist :-)
- Die Anforderungen entsprechen nicht den Möglichkeiten. Der Arbeitsmarkt ist eng und wird natürlich mit jeder Anforderung enger. Schwierig wird es, wenn der Archetyp, den man sucht, einfach nicht da ist oder für das Paket, das man anbieten kann, nicht zu haben ist. Einen ausgebildeten und erfahrenen Elektriker in einer ländlichen Region mit 24 Tagen Urlaub, einem schlechten Kununu Score und 3.000 € brutto im Monat zu finden, ist keine Herausforderung, es ist unmöglich. Entweder müssen die Anforderungen nach unten oder die Bedingungen nach oben korrigiert werden. Dabei spielt die Fachrichtung eine sehr große Rolle, insbesondere bei der Definition von möglichen Quereinsteigerberufen. HR kann hier im Dialog mit den Kandidatinnen und Kandidaten die Wünsche ermitteln und kluge Vorschläge machen (wie z.B. die Einführung einer 4-Tage-Woche für eine bessere Work-Life-Balance).
Besonders wichtig ist natürlich auch, dass Hiring Manager und HR das gleiche Verständnis von den Anforderungen und Rahmenbedingungen der Stelle haben. Einerseits ist HR für die Umsetzung des Recruitings verantwortlich, andererseits übernimmt HR in den meisten erfolgreichen Unternehmen (direkt oder über Dienstleister) die Vorauswahl der Bewerbungen und das funktioniert natürlich nur, wenn das Anforderungsprofil für alle Prozessbeteiligten klar ist.
#2.: Schnelle Entscheidungen, schnelles Feedback und Transparenz
Welche Reaktionszeit erwarten Sie, wenn Sie eine WhatsApp-Nachricht verschicken? Tage? Stunden? Minuten? In diesem kommunikativen Umfeld muss ein Arbeitgeber die Kommunikation mit den Bewerbern meistern. Vorbei sind die Zeiten, in denen ein Arbeitgeber 4-5 Bewerber erst einmal "abwarten" konnte, um den Besten auszuwählen. Heute bewirbt sich ein Bewerber gleichzeitig auf etwa 20 Stellen, wie eine aktuelle Umfrage von uns zeigt. Selbst wer die besten Rahmenbedingungen, die spannendsten Aufgaben, das netteste Team bietet, hat keine Chance, wenn er nicht schnell ist. Im Kampf um Mitarbeiter frisst nicht der große Fisch den kleinen, sondern der schnelle den langsamen!
Was kann man als Führungskraft tun?
- Entscheidungen schnell treffen. Wenn Sie eine Bewerbung erhalten, entscheiden Sie sofort, ob der Bewerber in die nächste Auswahlrunde kommt oder nicht.
- Kommunizieren Sie klar und transparent mit den Bewerbern, die Sie kennen gelernt haben. Signalisieren Sie sofort, wenn sich der Bewerber im Telefoninterview oder im Vorstellungsgespräch gut geschlagen hat! Das schafft nicht nur eine gute Atmosphäre, Sie holen den Bewerber auch auf Ihre Seite, was zu einem höheren Commitment des Bewerbers führt (Stichwort "Ghosting"...).
- Fordern Sie von Ihren HR-Kollegen aktiv einen schnelleren Prozess und gestalten Sie diesen mit. Das verdient einen eigenen Punkt...
#3.: Halten Sie den Bewerbungs- und Auswahlprozess schlank
Vor 15 - 20 Jahren sah ein Bewerbungsprozess noch ganz anders aus. Ich habe mich für meinen ersten Job bei Audi mit einer kompletten Bewerbungsmappe beworben (Lebenslauf, Anschreiben, Zeugnisse) und dann einen sehr detaillierten Bewerbungsbogen ausgefüllt. Danach habe ich 2-3 Wochen gewartet, bis ich zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde und danach (wieder nach 1 Woche Wartezeit) zu einem Assessment Center. Konnte Audi aufgrund all dieser Daten und Beobachtungen eine fundierte Entscheidung treffen? Zweifellos. Kann ein Arbeitgeber heute ein so komplexes Bewerbungs- und Auswahlverfahren erfolgreich durchführen? Auf dem Fachkräftemarkt ganz sicher nicht.
Ein moderner Bewerbungs- und Auswahlprozess ist ähnlich aufgebaut wie ein Funnel im Onlinehandel. Der Bewerber hat eine extrem niedrige Einstiegshürde (z.B. Bewerbung nur mit Lebenslauf und Erreichbarkeiten) und mit Fortschreiten des Prozesses (und steigendem Engagement für die Stelle) werden nach und nach neue Beobachtungen gemacht, neue Daten gesammelt. Ein modernes Auswahlverfahren besteht aus vielen kleinen Entscheidungen.
Natürlich können Sie es sich als Führungskraft nicht leisten, jede Bewerbung in der oben geforderten Geschwindigkeit zu sichten und ein Feedback zu geben. Vielmehr kommt es darauf an, im Vorfeld eine qualitative Vorauswahl zu treffen, die sicherstellt, dass Sie nur Bewerbungen erhalten, die grundsätzlich Ihren Anforderungen entsprechen. Wir beschreiben das für unsere Kunden so: Die Vorauswahl ist dann gut, wenn Sie sich nach den ersten 10 Minuten des Vorstellungsgesprächs immer noch vorstellen können, den Kandidaten einzustellen.
Eine gute Vorauswahl ist nicht nur qualitativ gut, sondern vorqualifiziert alle Kandidaten, die für die Stelle - aufgrund des Anforderungsprofils - in Frage kommen. Dafür ist natürlich unser erster Punkt, die Anforderungen zu definieren, unerlässlich.
Was kann man als Führungskraft noch tun, um den Prozess zu beschleunigen?
- Überlegen Sie sich genau, welche Unterlagen Sie für eine fundierte Entscheidung benötigen und vor allem wann. Ist ein Bewerbungsschreiben überhaupt notwendig? Brauchen Sie die Zeugnisse vor dem Vorstellungsgespräch oder reichen sie danach? Denken Sie daran: Je später Sie ein Dokument anfordern, desto größer ist das Interesse des Bewerbers, es auch tatsächlich einzureichen.
- Vermeiden Sie unnötige Prozessschritte: Sollen zum Beispiel das Vorstellungsgespräch und der Probearbeitstag an zwei verschiedenen Tagen stattfinden? Oder geht es auch an einem Tag, so dass Sie dem Bewerber auch nach einem erfolgreichen Schnuppertag ein Angebot machen können?
- Nehmen Sie sich Zeit für die Auswahl und vereinbaren Sie die Vorstellungsgespräche immer so früh wie möglich! Wenn Sie keine Zeit für die Interviews finden, werden Sie wahrscheinlich immer noch zu viele Bewerber haben und die Vorauswahl wird nicht funktionieren.
- Seien Sie selbstkritisch und suchen Sie gemeinsam mit Ihrer Personalabteilung nach Möglichkeiten, den Prozess zu vereinfachen und zu beschleunigen. Unser Rekord liegt bei 16 Stunden vom Auftrag bis zur Einstellung. Sie sind herzlich eingeladen, diesen Rekord zu brechen! :-)
#4.: das Vorstellungsgespräch: den Bewerber überzeugen
Im Vorstellungsgespräch geht es nicht nur darum, den Bewerber kennenzulernen und zu testen, ob er für die Stelle geeignet ist! Um die richtigen Bewerber zu bekommen, müssen Sie als Personalverantwortlicher die Stelle dem Bewerber verkaufen! Verhalten Sie sich dabei so, wie Sie es in einer ähnlichen Situation erwarten würden: realistisch, partnerschaftlich und ehrlich. Es macht keinen Sinn, die Stelle zu schön zu reden und damit im Zweifelsfall eine frühzeitige Fluktuation zu erzeugen.
Stellen Sie die Aufgaben, den Arbeitsalltag, die Schnittstellen detailliert dar, auch wenn der Bewerber dazu keine Fragen hat. Positionieren Sie sich auch als Führungskraft und sagen Sie, was Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ihnen erwarten können und was Sie von ihnen erwarten. Eine solche Transparenz und partnerschaftliche Kommunikation im Vorstellungsgespräch ist gerade bei kaufmännischen Positionen immer noch eine Seltenheit und Sie schaffen sich damit einerseits einen klaren Wettbewerbsvorteil und reduzieren andererseits - wie bereits erwähnt - die Wahrscheinlichkeit von allzu schnellen Enttäuschungen nach dem Einstieg.
Und schließlich: Geben Sie direkt nach dem Gespräch Feedback! Haben Sie sich bereits entschieden, den Bewerber einzustellen? Sagen Sie es sofort! Auch wenn das nicht möglich ist, geben Sie dem Bewerber das Gefühl, dass er sich gut geschlagen hat.
#5.: Preboarding: Künftige Mitarbeiter/innen nicht alleine lassen
Das Preboarding ist die Phase zwischen Angebotsannahme / Vertragsunterzeichnung und dem ersten Arbeitstag. Ein häufiger Fehler besteht darin, den neuen Mitarbeiter nach der Vertragsunterzeichnung als gesichert zu betrachten. Etwa 20% der neuen Mitarbeiter erscheinen nicht an ihrem ersten Arbeitstag in Deutschland. Diese sogenannte "No-Show-Rate" zeigt sehr deutlich, dass der Kampf um den Mitarbeiter mit der Vertragsunterzeichnung noch lange nicht beendet ist. Warum ist das so? Erinnern Sie sich, auf wie viele Stellen sich ein durchschnittlicher Bewerber gleichzeitig bewirbt? 20! Wenn dann doch ein langsamerer Arbeitgeber ein besseres Angebot als Sie macht, ist die Gefahr nicht gering, den neu gewonnenen Mitarbeiter sofort wieder zu verlieren. Ganz zu schweigen davon, dass der alte Arbeitgeber oft versucht, seinen Mitarbeiter mit Paketverbesserungen oder gar Beförderungen an sich zu binden.
Was können Sie tun, um die No-Show-Rate Ihrer neuen Mitarbeiter zu senken?
- So viel wie möglich direkt mit dem Bewerber kommunizieren. Sie als zukünftiger Vorgesetzter haben eine viel größere Bedeutung und Autorität für den zukünftigen Mitarbeiter als Ihre Kollegen aus der Personalabteilung.
- Nutzen Sie jede Gelegenheit, um die Verbindlichkeit des gesamten Prozesses zu erhöhen: Stellen Sie den Bewerber dem Team vor, lassen Sie den zukünftigen Mitarbeiter wissen, wenn z.B. die Arbeitskleidung bestellt wurde etc.
- Versuchen Sie, den ersten Arbeitstag so schnell wie möglich zu organisieren! Wenn nicht die Kündigungsfrist des Bewerbers der Engpass ist, sondern organisatorische Gründe (z. B. ein Eintrittstag pro Monat), gehen Sie ein unnötiges Risiko ein.
Fazit
Um die besten Talente für sich zu gewinnen, braucht es mehr als eine gut funktionierende Personalabteilung. Von der klaren Definition der Kompetenzen über eine schnelle und effiziente Kommunikation bis hin zur aktiven Bewerbung der vakanten Stelle müssen Führungskräfte und Hiring Manager aktiv in den Prozess eingebunden werden. Ein schlanker und zielgerichteter Prozess sowie eine enge Begleitung des Kandidaten im Preboarding sind entscheidend, um die besten Kandidaten für das Unternehmen zu gewinnen. In einem hart umkämpften Arbeitsmarkt ist die konsequente Umsetzung dieser Strategien unerlässlich, um langfristig erfolgreich zu sein.
Um die erste Phase der Personalrekrutierung (bis zum Vorstellungsgespräch) zu meistern, muss ein Unternehmen über die notwendigen Kompetenzen und personellen Ressourcen verfügen, um kosteneffizient und planbar geeignete Kandidaten zu finden, anzusprechen und eine qualifizierte Vorauswahl in kürzester Zeit zu treffen.
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